Eine Missbrauchsgebühr ist eine Gebühr, die von verschiedenen deutschen Gerichten für Verfahren erhoben wird, die offensichtlich unzulässig bzw. unbegründet sind. Sie gehört zu den Gerichtskosten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Justizbeitreibungsgesetzes und wird unter anderem vom Bundesverfassungsgericht und deutschen Sozialgerichten erhoben.

Sie sanktioniert mutwilliges Prozessieren und dient dazu, Gerichte zu entlasten, deren Verfahren grundsätzlich kostenfrei sind. Aus diesem Grund existieren beispielsweise in der deutschen Zivilgerichtsbarkeit keine vergleichbaren Regelungen. Hier werden die entstandenen Kosten grundsätzlich von der unterliegenden Partei erhoben.

Bundesverfassungsgericht

Die Missbrauchsgebühr ist in § 34 BVerfGG geregelt:

Sie kann somit bei missbräuchlichen (querulatorischen) Verfassungsbeschwerden und Wahlprüfungsbeschwerden erhoben werden.

Die Gebührt dient nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts dem Grundrechtsschutz anderer Bürger:

„Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, durch erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert zu werden, mit der Folge, dass anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann.“ (Bundesverfassungsgericht, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 2023-06-13 – 2 BvQ 64/23)

Die Entscheidung über die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr ist eine unanfechtbare Nebenentscheidung zur Entscheidung in der Hauptsache. Die Hauptsacheentscheidung kann entweder ein Nichtannahmebeschluss nach § 93b BVerfGG, ein Beschluss über die Unzulässigkeit oder offensichtliche Unbegründetheit eines Antrags nach § 24 BVerfGG oder eine zurückweisende Entscheidung sein.

Die Zahl der Fälle, in denen eine Missbrauchsgebühr auferlegt wurde, ist rückläufig und hatte 2018 den Stand von 9 Fällen erreicht.

Den Rahmen von bis zu 2.600 Euro pro Missbrauchsfall schöpften die Verfassungsrichter nur selten aus. Im Jahr 2016 verhängte der Zweite Senat einmal eine Gebühr von 2.500 Euro, im Jahr 2015 wurden drei Mal 2.000 Euro auferlegt. Meist liegt die verhängte Missbrauchsgebühr bei unter 1.000 Euro. Eine von den damaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle geforderte Erhöhung auf bis zu 5.000 Euro setzte sich nicht durch.

Bekannte Fälle

2014 wurde Horst-Werner Nilges eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 1.000 Euro auferlegt, die er für eine missbräuchliche Verfassungsbeschwerde zahlen musste, mit der er die Prozessleitung eines Richters am Amtsgericht Osterode rügen wollte.

Sozialgerichte

In § 192 SGG gibt es vergleichbare Regelungen:

Ausgehend von § 34 BVerfGG, dessen Konzeption der Gesetzgeber auf die Neufassung des § 192 übertragen hat, ist unter einem Missbrauch des Verfahrens der objektive Missbrauch zu verstehen. Ein Verschulden des Beteiligten oder ein Handeln wider besseres Wissen sind nicht erforderlich. Es genügt, dass die Erhebung oder Fortführung einer Klage von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden müsste. Eine offensichtliche Aussichtslosigkeit wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung unter anderem angenommen, wenn „der Sachverhalt eindeutig, die Gesetzeslage eindeutig und einfach und die streitgegenständliche Rechtsfrage durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist und der Beteiligte keine neuen Sachargumente im Verfahren vorträgt bzw. sein Begehren inhaltlich nicht begründet.“

Kritik

Kritiker mahnen eine Konkretisierung der Missbrauchsdefinition durch Benennung prozessualer Plichtverstöße an.

Literatur

  • Armin Schoreit: 50 Jahre Missbrauchsgebühr. Zeitschrift für Rechtspolitik 2002, S. 148–153.
  • Monika Winker: Die Missbrauchsgebühr im Prozessrecht. Ein Beitrag zu Missbrauchsgebühren nach § 34 Abs. 2 BVerfGG und nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG im Kontext prozessualer Kostensanktionen. Mohr Siebeck, 2011. ISBN 978-3-16-150829-5.

Einzelnachweise


Geistlicher Missbrauch Generalverdacht kann schädlich sein Die Tagespost

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Urteil im Prozess um sexuellen Missbrauch NDR.de Fernsehen

Anklage wegen Missbrauchs in 31 Fällen

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